Mvsae

Mvsae

MVSAE, arum, Gr. Μοῦσαι, ῶν, ( Tab. X.)

1 §. Namen. Diesen haben sie, nach einigen, von μῶσις, Untersuchung, Phurnut. de N.D. c. 14. nach andern, von μύω, ich lehre, unterrichte, Diod. Sic. l. IV. c. 7. p. 150. & Euseb. ap. Voss. Etymol. in Musica, p. 388. nach den dritten, von μώω, oder μάω, begierig auf etwas seyn, Scaliger ap. eumd. l. c. nach den vierten von ὅμως, zugleich, und οὔσα, gleichsam ὁμοῦσαι, weil die Wissenschaften wohl mit einander überein kommen; Cassodor. ap. Linocer. Synt. de Musis, c. 1. Allein, die meisten hohlen ihn doch lieber von dem Ebräischen maza, er hat erfunden, oder auch noch besser von musar, her, welches so viel als Gelehrsamkeit heißt, für deren Göttinnen sie gehalten wurden. Voss. ipse l. c. & ap. eum Heins. l. c. item Becmann. Orig. L. L. in Musa, p. 720. Indessen leiten auch einige solchen Namen selbst von Moses her, weil dieser aller Gelehrsamkeit Meister gewesen. Guichard ap. Huet. D. E. Propos. IV. c. 10. §. 5. welches aber etwas allerdings gezwungenes ist.

2 §. Aeltern. Diese sind nach einigen der zweyte, nach andern der dritte Jupiter und Mnemosyne, nach den dritten der pierische Jupiter und Antiopa, Cic. de N.D. l. III. c. 21. p. 1198. b. nach den vierten Cölus und die Tellus, Phurnut. de N.D. c. 14. Alcman. apud Diod. Sic. l. IV. c. 6. p. 150. & Mnaseas ap. Gyrald. Synt. VII. p. 260. nach den fünften Apollo, Eumelus op. eumd. l. c. nach den sechsten der Aether und die Plusia, eine Nymphe, Aratus ibid. nach den siebenten Pierus unds die Pimpleis, auch eine Nymphe, Epicharm. ap. eumd. l. c. nach den achten der Memnon und Thespia. Ap. Nat. Com. l. VIII. c. 15. Da aber solche Musen an sich nicht einerley sind, so müssen nothwendig auch ihre Aeltern unterschieden seyn. Die bekanntesten sind Jupiters und der Mnemosyne Töchter, deren Mutter für Mnemosyne, von einigen auch Moneta, Hygin. Præf. p. 13. von andern Memoria, Augustin. ap. Gyrald. Synt. de Musis p. 555. und von den dritten Mens genannt wird. Gyrald. Synt. VII. p. 260. Ihre Pflegemutter soll Eupheme gewesen seyn. Paus. Bœot. c. 29. p. 584.

3 §. Anzahl und besondere Namen. Nach einigen waren deren nur drey. Denn da sie den Gesang bedeuten sollen; von diesem oder der Musikaber nicht mehr, als drey Arten, Statt finden, nämlich durch die Stimme, oder durch Blasinstrumente, oder durch solche, die mit den Händen gespielet werden, so sollte es auch nicht mehr als drey Musen geben dürfen. Varro ap. August. de doctr. christ. l. II. c. 17. Ihre Namen aber wollen damit nicht übereinstimmen; denn man nennet sie Melete, Mneme, und Aoede, welche fleißiges Nachdenken, Gedächtniß und Gesang heißen, Pausan. Bœot. c. 29. p. 584. oder auch Cephisos, Boristhenis und Apollonis. Eumelus ap. Gyrald. Synt. VII. p. 260. Andere zählen ihrer vier, als Thelxiope, Mneme. Aoede und Melete, Cic. de N.D. l. III. c. 21. p. 1198. b. oder auch Arche, Melete, Thelxinoë, und Aoede. Arat. ap. Gyrald. l. c. Die dritten haben ihrer fünfe, nach der Anzahl der äußerlichen Sinne, welche denn die Namen derselben gehabt. Apud eumd. l. c. Die vierten nennen deren sieben, als Nilos, Trito, Asopos, Heptapole, Achelois, Tipoplus, und Rhodia. Epicharmus ap. eumd. l. c. Nach der gemeinsten Meynung aber sind ihrer neune unter diesen Namen gewesen, Klio, Euterpe, Thalia, Melpomene, Terpsichore, Erato, Polymnia, Urania, und Kalliope; Hesiod. Theog. v. 76. Apollod. l. I. c. 3. §. 1. Phurnut. de N.D. c. 14. oder auch Kallichore, Eunice, Helice, Thelxinoe, Terpsichore, Euterpe, Encetade, Dia, und Eunope. Man nahm aber ihrer drey, wegen der drey Töne, drey Accente, drey Zeiten, und drey Zahlen (Numeri) der Griechen; viere aber wegen der vier Dialekte in der griechischen Sprache, nämlich des ionischen, attischen, äolischen und dorischen; fünfe wegen der fünf Sinne; sieben wegen der sieben Saiten auf der Leyer, der sieben Zonen, der sieben Planeten, der sieben Vocalen u.s.f. und neune endlich wegen ihrer neun Erfindungen an. Tzetz. ap. Gyrald. l. c. Cf. Phurnut. l. c. Doch will man auch, daß die neune durch einen bloßen Zufall entstanden seyn sollen. Man hatte nämlich in einer gewissen Stadt, vermuthlich Sicyone, dreyen geschickten Künstlern aufgetragen, die drey Bildsäulen der Musen zu verfertigen, aus welchen man diejenigen zum gottesdienstlichen Gebrauche heiligen wollte, welche die schönsten wären. Sie wurden aber insgesammt so schön gearbeitet gefunden, daß man sie alle neune weihete und in des Apollo Tempel stellete. Varro ap. August. l. c. Man findet auch, daß Cephisodotus deren drey, Strongylion drey andere, und Olympiosthenes gleichfalls drey gemacht habe, die am Helikon aufgestellet gewesen. Paus. l. c. c. 30. p. 585. Ob es aber diese sind, läßt sich nicht bestimmen.

4 §. Wesen. Erfindungen und Verrichtungen. Sie waren die Göttinnen der freyen Künste, die sie nicht nur erfunden, sondern auch selbst getrieben hatten. Das erstere saget dieses aus dem Griechischen übersetzete Epigramma:


Calliope heroi monstravit carminis artem;

Clio dulcisonæ citbaræ modulamina promsit;

Euterpéa chori tragici resonabile carmen;

Melpomene dulci concentu barbita movit;

Grataque Terpsichore calamos inflare paravit;

Ast Erato divûm jucnudos repperit hymnos;

Harmoniam numeris saltusque Polymnia junxit,

Vranie astrorumque chorum cœlique rotatus;

Comica vita Thalia tibi est moresque reperti.


Gyrald. Synt. VII. p. 263.


Das andere, Virgils nachfolgendes:


Carmina Calliope libris heroica mandat; Clio gesta canens transactis tempora reddit;

Dulciloquis calamos Euterpe flatibus urget;

Melpomene tragico proclamat mœsta boatu;

Terpsichore adfectus citharis movet, imperat, auget;

Plectra gerens Erato saltat pede, carmine, vultu;

Signat cunc ta manu, loquitur Polyhymnia gestu;

Vranie cœli motus scrutatur & astra;

Comica lascivo gaudet sermone Thalia.


Catalect. p. 258.


Sie werden insgemein für Jungfern angegeben, Diod. Sic. l. IV. c. 7. p. 150. und klagte Cupido ehemals selbst, daß er ihnen nichts anhaben könnte, weil sie insonderheit niemals müßig wären; Lucian. ap. Gyrald. Syntag. de Musis p. 559. Nichts desto weniger aber soll doch Kalliope mit dem Oeagrus den Linus; Klio mit dem Pierus den Hyacinth; Terpsichore mit dem Strymon den Rhesus, Apollod. l. I. c. 3. §. 2. 3. 4. und so ferner gezeuget haben. Dagegen aber sollen sie auch auf die Venus deswegen, daß sie ihnen die Liebe eingeflößet, so erbittert geworden seyn, daß sie deren Liebling, den Adonis, getödtet. Ap. Nat. Com. l. VII. c. 15 p. 768. Als sich die Sirenen unterstunden, mit ihnen sich in einen Wettstreit in der Musik einzulassen, und verspieleten, so mußten sie sich zur Strafe die Federn aus den Flügeln rupfen lassen, woraus die Mnsen sich sodann Kränze machten. Pausan. Bœot. c. 34. p. 594. Noch unglücklicher waren des Pierus neun Töchter, die auch mit ihnen stritten und darüber in Aelstern verwandelt wurden. Alles wurde dunkel und finster, als sie fangen, wogegen bey der Musen Musik, Himmel, Gestirne, Flüsse und Meer stille stunden, und der Berg Helikon sich dergestalt vor Vergnügen in die Höhe hub, daß Neptun den Pegasus absenden mußte, der ihn mit dem Fuße aufden Scheitel schlug, daß er nicht höher, und selbst bis an den Himmel stiege. Nicand. ap. Ant. Liberal. c. 9. Da Thamyris auch mit ihnen anband, und sich für den Sieg mit jeder eine Nacht, für sein Verspielen aber eine Strafe bedung, welche sie ihm selbst anthunwollten, so mußte er für seine Verwegenheit seine Augen sammt der Kunst, ferner auf der Cithar zu spielen, missen. Apollod. l. c. §. 1. Im Gegentheile wurde eine gewisse Nation, die für Vergnügen, ihnen zuzuhören, Essen und Trinken vergaß, und solcher Gestalt endlich verhungerte, in Heuschrecken verwandelt, welche daher noch immer singen, ohne daß sie einige Speise dabey nöthig haben. Gyrald. l. c. p. 566. Eines Males, da sie bey regnichtem Wetter nach dem Parnasse zugiengen, lud sie Pyreneus, Herr zu Daulis, ein, bey ihm so lange zuverziehen, bis der Regen vorüber wäre. Sie ließen sich solches gefallen, und wollten, da der Regen nun vorbey war, weitergehen. Allein, Pyreneus verschloß das Haus, und suchte sie sonst zu etwas zu zwingen: sie nahmen aber dargegen Flügel, und flogen zum Hause oben hinaus. Da ihnen nun Pyreneus folgen wollte, so stürzete er hinab, und fiel sich zu Tode. Ovid. Metam. V. v. 274.

5 §. Beynamen. Dergleichen sind:


Aganippides, Aonides, Ardalides,

Camenæ, Castalides, Cirheriades,

Corycides, Heliconiades, Ilissiades,

Libethrides, Mæonides, Mnemonides,

Mnemosynides, Olympiades, Parnassides,

Patëides, Pegafides, Pierides,

Pimpleades, Pimpliæ, undThespiades,


unter denen denn von ihnen selbst noch eins und das andere beygebracht worden, was zu merken seyn möchte, wozu denn auch ihre eigenen oben angegebene neun Namen nachzusehen.

6 §. Bildung. Sie werden als annehmliche Jungfrauen mit Kränzen von Palmlaube, Phurnut. de N.D. c. 14. oder von Lorber, oder Rosen, oder auch Federn der Sirenen auf den Köpfen vorgestellet, welche sich beyden Händen halten, und um den Apollo, der in der Mitten steht, herum tanzen. Chartar. Imag. 7. p. 27. In einer alten Abbildung singen sie, und Apollo ist ihr Vorsänger. Pausan. Eliac. pr. c. 18. p. 322. Indessen werden sie auch vielfältig, obwohl ohne genugsame Bewährung aus dem Alterthume, abgebildet, wie sie auf dem Helikon an einem Lorberhayne sitzen, und ein Concert machen, wobey die eine auf der Flöte, die andere auf der Leyer spielet, die dritte die Cymbeln schlägt, die vierte singt, die fünfte die Cithar rühret, und w. d. g. mehr ist, oder doch die Instrumente ihrer erfundenen Wissenschaften und Künste in den Händen haben. Pomey P. II. p. 151. Die einzelnen Abbildungen einer jeden sehe man unter ihrem Namen.

7 §. Verehrung. Diese sollen zuerst des Aloeus Söhne, Otus und Ephialtes, zu Thespia, angegeben haben, welche hernachmals aber Pierus, aus Macedonien, vermehret; und, da auch erstere nur drey Musen eingeführet, so erhöhete dieser ihre Zahl auf neune. Pausan. Bœot. c. 29. p. 584. Nachher, wurde ihnen nicht nur ihr Dienst beständig an besagtem Orte erwiesen; sondern ihnen auch die Berge Helikon, Parnassus, Pindus, Aonius und Pierus, wie auch die Brunnen Aganippe, Pimplia, Libethrus, Castaliä u.d.g. mehr gewiedmet. Gyrald. Synt. VII. p. 263. seqq. Ihr Dienst breitete sich also nicht nur in ganz Griechenland aus, sondern kam auch nach Italien, wo sie selbst zu Rom in der I Region ihren Hayn und Tempel, und in der IV wieder ihren Tempel hatten. Onuphr. Panvin. ap. Rosin. Antiq. l. I. c. 13. Sonst aber waren ihnen von Thieren die Schwäne heilig, Callimach. Hymn. in Del. v. 252. wie auch die Nachtigallen und Heuschrecken.

8 §. Eigentliche Historie. Sie sollen, nach einigen, eigentlich neun Frauenspersonen gewesen seyn, welche sich mit unter des Osiris Heere bey seinem Zuge befunden, in der Musik andere übertroffen, und den Apollo, einen Bedienten des gedachten Königes, zu ihrem Anführer gehabt haben, Diod. Sic. l. I. c. 18. p. 11. Andere machen sie nur zu Töchtern des Pierus, der ihnen die Namen der Musen gegeben, welches denn vielleicht von den jüngern Musen wahr seyn kann; da hingegen auch einige allerdings ältere des Cölus und der Erde Töchter gewesen. Pausan. Bœot. c. 29. p. 584. Dieser letztern eigentliche Historie wird wohl unbekannt bleiben, wo sie nicht allerdings erdichtete Personen sind. Banier Entr. XIX. ou P. II. p. 288. Jedoch, will man den Jupiter für einen König in Thessalien ansehen, so können diese neun Frauenzimmer wohl ein Chor Sängerinnen an dessen Hofe gewesen seyn, welche von ihrem Vaterlande Pierides, von ihrem Aufenthalte an dem Olymp, auch Olympiades genannt worden. Besagten Jupiter aber hat man deswegen für ihren Vater angegeben, weil er ihren Chor zuerst errichtet hat. Cleric. ad Hes. Theog. v. 52. 53.

9 §. Anderweitige Deutung. Sie sind Jupiters Töchter, weil die guten Künste von Gott herkommen; und der Mnemosyne, weil das Gedächtniß allerdings zu ihrer Erlernung erfordert wird. Nat. Com. l. VII. c. 15. & Omeis Mythol. in Musæ. Sie sind Frauenzimmer, wegen der Künste Fruchtbarkeit, Phurnut. de N.D. c. 14. Jungfern aber, weil gute Wissenschaften unverderbten Tugenden gleich sind. Diod. Sic. l. IV. c. 7. p. 150. Sie hatten einander bey den Händen, weil die Tugenden nicht von ihnen getrennet werden können, Phurnut. l. c. oder vielmehr die freyen Künste ihren richtigen Zusammenhang mit einander haben. Omeis l. c. Sie halten sich auf den Bergen auf, weil die Studien die Einsamkeit lieben, und soll sie Jupiter insonderheit des Nachts gezeuget haben, weil diese zum Nachdenken am geschicktesten ist. Sie werden mit Palmenblättern gekrönet, weil dieser Baum zwar schwer zu ersteigen ist, allein solche Mühe auch mit einer sehr süßen Frucht ersetzet: so wie gute Künste und Wissenschaften schwer zu erlernen sind, allein hernach auch ein desto größeres Vergnügen geben. Phurnut. l. cit.


http://www.zeno.org/Hederich-1770.

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