Iáson

Iáson

IÁSON, ŏnis, Gr. Ἰάσων, ονος, ( Tab. XXV.)

1 §. Namen. Er hieß eigentlich Diomedes, bekam aber den Namen Jason von gesund machen, παρὰ τὴν ἴασιν, nachdem er die Medicin sehr wohl von dem Chiron erlernet hatte. Schol. Apollon. I. 554. Doch leitet man ihn auch von seines Vaters Namen Aeson her, indem man den Doppellaut ae oder αι auflöset und beyde Buchstaben versetzet; da man denn aus Αισων, Ἰασων machet. Eustath. ad Hom. Il Δ. p. 188.

2 §. Aeltern. Sein Vater war nach einstimmiger Meynung Aeson, des Kretheus Sohn, und Stiefbruder des Pelias, die Mutter aber, nach einigen, Polymede, des Autolykus Tochter, Apollod. l. I. c. 9. §. 16. nach andern, Amphinome, Diod. Sic. l. IV. c. 51. p. 176. nach den dritten, Alcimede, Hygin. Fab. 13. nach den vierten, Arne, nach den fünften, Scarphe, Tzetz. ad Lycophr. v. 175. nach den sechsten, Polypheme, auch des Autolykus Tochter, Herodot ap. Schol. Apollon. ad lib. I. v. 45. nach den siebenten Theognete, Andron. ap. eumd. l. c. des Laodikus Tochter, nach den achten, Elcoklymene, Stesichorus ap. eumd. & Nat. Com. l. VI. c. 8. p. 588. und nach den neunten endlich Rhöo. Demetr. Scepsius ap. Schol. Apollon. l. c. Die gemeinste Meynung aber ist doch, daß es Alcimede gewesen. Meziriac comment. sur les ep. d'Ovid. T. II. p. 17. Burm. Catal. Argon.

3 §. Auferziehung. Weil dem Pelias war prophezeyet worden, er würde von einem aus des Aeolus Geschlechte ums Leben gebracht werden, so suchte er solchem vorzukommen, und ließ die Aeoliden aus dem Wege räumen. Jason war also nicht sicher, und seine Befreundte schaffeten ihn bey finsterer Nacht in einem Kasten, als eine Leiche, noch in seiner ersten Kindheit zu dem Chiron in dessen Höhle, welcher ihn denn sorgfältig auferzog, und sowohl in andern anständigen Dingen, als zuförderst in der Medicin, unterrichtete. Tzetz. ad Lycophr. v. 175. Nach einigen war sein Vater Aeson schon todt, und hatte seinen Bruder Pelias zu dessen Vormunde bestellet, mit der Bedingung, daß er ihm das Reich abtreten sollte, wenn er zu den Jahren käme, da er es verwalten könnte. Seine Mutter Alcimede aber trauete dem Pelias nicht, und brachte ihn also heimlich zum Chiron. Eustath. ad Hom. Od. Λ. Als er etwas erwachsen, so begab er sich von da aufs Land, und brachte seine Zeit mit dem Ackerbaue zu. Apollon. ap. Nat. Com. l. VI. c. 8. p. 582.

4 §. Thaten. Als Pelias dem Neptun ein feyerliches Opfer bringen wollte, so ließ er alle Angehörige, und also auch den Jason dazu einladen. Dieser machete sich daher nach Iolkus zu. Als er aber an den Fluß Evenus kam, so fand er eine alte Frau an demselben stehen, die gern hinüber gewesen wäre, allein nie mand fand, der sie hinüber tragen wollte. Jason erbarmete sich also über sie, nahm sie auf den Rücken, und schleppete sie durch das Wasser hinweg. Darüber aber verlor er den einen Schuh im Schlamme, und ließ ihn der Eilfertigkeit wegen stecken. Diese alte Frau nun war Juno selbst, die sich in dieselbe verstellet hatte. Pelias war ungemein bestürzt, als er den Jason nur mit einem Schuhe ankommen sah. Denn ein ander Orakel hatte ihm gesaget, daß sein Tod nicht mehr weit seyn werde, wenn er dem Neptun opfern, und einer nur mit einem Schuhe dazu kommen würde. Apollod. l. III c. 9. §. 4. 5. 6 Er gieng daher zum Jason, und fragete ihn, was er wohl machen wollte, wenn ihm einer seiner Landsleute aufstieße, von dem ihm das Orakel gesagt, daß er von solchem sollte hingerichtet werden? Jason antwortete ihm darauf, durch Eingeben der Juno, welche dem Pelias sehr aufsätzig war: Er wolle denselben nach Kolchis schicken, daß er ihm das goldene Vließ von da abholen sollte. Als Pelias solches hörete, so befahl er ihm, daß er selbst hingehen, und es ihm bringen sollte. Apollod. l. c. 9. §. 16. Einige gedenken hierbey der Juno und ihres Uebertragens eben nicht, und andere nennen für den Evenus den Enipeus. Val. Flacc. l. I. 83. Noch andere geben den Anaurus an, in welchem Jason den Schuh von ungefähr stecken lassen, als er durch denselben geeilet, um das Opfer nicht zu versäumen. Einige wollen, da er sowohl an Kräften des Leibes, als Tapferkeit des Gemüthes es allen seines gleichens zu seiner Zeit zuvor gethan, so habe er auch die Begierde gehabt, sich mit einer besondern That berühmt zu machen. Apollod. l. c. & alii ap. Muncker. ad Hyg. Fab. 13. Da er nun solches dem Pelias zu verstehen gegeben, dieser aber befürchtet, es möchte ihm Aeson dereinst durch Beyhülfe dieses seines Sohnes vom Throne stoßen, so habe solcher ihm gerathen, das goldene Vließ zu holen, ihm allen Vorschub dazu versprochen, in der sichern Hoffnung, er werde über solchem verzweifelten Unternehmen das Leben einbüßen. Er ließ ihm wirklich das Schiff Argo bauen, und gab ihm alles, was er dazu nöthig hatte. Diod. Sie. l. IV. c. 41. p. 170. Man erzählet diese Veranlassung noch anders. Als Jason ungefähr zwanzig Jahre alt war, so befragete er das Orakel, was er thun sollte. Dieses befahl ihm, sich nach Art der Magnesier zu kleiden, und eine Leopardenhaut, wie Chiron trug, dabey umzunehmen. Er sollte sich auch mit zwoen Lanzen bewaffnen und in diesem Anzuge nach Iolkos an den Hof gehen. Er that solches, kam aber nur mit einem Schuhe an dem rechten Fuße daselbst an. Man verwunderte sich über diesen Anputz bey einem jungen Menschen, der so wohl aussah. Pelias, der die Ankunft dieses Fremden bald erfahren, begab sich selbst an den Ort, wo er war, und stutzete, da er ihn nur mit einem Schuhe sah. Er befragete ihn, wer er wäre und wo er herkäme. Jason antwortete ihm ohne Scheu, er wäre Aesons Sohn und in Chirons Höhle erzogen Darauf erkundigte er sich, wo sein Vater wohnete, und ließ sich dahin führen, ohne daß Pelias sich dawider setzete. Hier kamen nun seine Oheime und Vettern Pheres, Admetus, Neleus, Amythaon, Akastus und Melampus zu ihm. Man vergnügete sich fünf Tage mit einander, den sechsten aber beredete man sich, sie wollten insgesammt zum Pelias gehen, und die Abtretung des Reiches von ihm verlangen. Jason forderte die Krone als sein rechtmäßiges Gut mit Dreustigkeit von ihm; und Pelias, der ihn so wohl begleitet sah, getrauete sich nicht, ihn kurz abzuweisen. Er antwortete ihm, er wäre bereit, ihm solche zu überlassen, doch möchte er vorher noch erst eine Sache ausrichten, die so wohl eine Religionspflicht, als überaus rühmlich wäre. Er sollte nämlich nach Kolchis gehen, die Manen des Phryxus versöhnen, und das goldene Vließ nach Thessalien zurück holen. Des Phryxus Schatten wäre ihm oft des Nachts deswegen erschienen und hätte ihn dazu aufgemuntert; desgleichen hätte ihm das Orakel solches anbefohlen, da er es deshalben zu Rathe gezogen. Sein hohes Alter aber erlaubete ihm nicht, dieses vorzunehmen: doch Jason könnte sich mit nichts entschuldigen, warum er solches nicht thun wollte. Er wäre in seinen besten Jahren, wo die Begierde Ruhm zu erwerben mehr Macht über ihn haben müßte, als der eitele Ehrgeiz zu herrschen. So bald er wieder kommen würde, sollte er auf den Thron gesetzet werden, der ihm zukäme. Dieses beschwüre er ihm feyerlichst. Pindar. Pyth. Od. IV. v. 138. sqq. Jason unternahm darauf solche Fahrt, und führete sein Vorhaben, nach vieler und großer Gefahr, glücklich aus. Sieh Argonautæ. Auf das Gerücht aber, daß er mit allen den übrigen in dem euxinischen Meere zu Grunde gegangen, zwang Pelias deßen Vater, den Aeson, Gift zu nehmen seinen Bruder, Promachus, einen mäßigen Knaben, richtete er hin, und veranlassete dessen Mutter, Amphinome sich selbst das Leben zu nehmen. Wie aber Jason solches alles bey seiner Zurückkunft erfuhr, so gedachte er sofort auf Rache, und Medea versprach ihm, solche auszuführen. Sie richtete es auch so weit ins Werk, daß, nachdem den Pelias seine eigenen Töchter hin. gerichtet, er sich dessen Schlosses, und folglich des ganzen Reichs, ohne einigen Krieg und Verlust, bemächtigte. Diod. Sic. l. IV. c. 51. 52. 53. p. 176. Jedoch stellete er solches dem Akastus, des Pelias Sohne, wieder zu, und versorgete die Prinzessinen mit anständigen Männern. Er hielt darauf dem Neptun auf der Erdenge feyerliche Spiele, und widmete ihm das Schiff Argo. Nachdem er sich Kreons, des Königs zu Korinth, sonderbare Gunst zuwege gebracht, so zog er mit seiner Medea endlich gar dahin, und nahm also seinen beständigen Sitz zu Korinth. Id. ib. c. 54. p. 178. Gleichwohl soll er, nach andern, bald nach des Pelias Tode von Iolkos weggegangen seyn und sich zu Corcyra niedergelassen haben. Daselbst verlor er seinen ältesten Sohn Mermerus, der von einer Löwinn auf der Jagd zerrissen wurde. Pausan. Corinth. c. 3. p. 91. Indessen melden auch einige, er habe dem Pelias selbst noch erst das goldene Vließ zugestellet, sich aber hernach durch die Medea, wegen der Seinigen Tod, an ihm gerächet, und sey dafür von dem Akastus, mit sammt der Medea, von Iolkus vertrieben worden. Wenigstens lebte er doch zu Korinth mit seiner Gemahlinn in die zehn Jahre in allem Vergnügen. Apollod. l. c. §. 28. Als aber, mittlerweile deren Schönheit abnahm, und er des Kreons Prinzessinn, Glauce, lieb gewann, so hielt er bey deren Vater um sie an. Er suchete die Medea, erst im Guten zu bereden, sich von ihm, zu scheiden; und, da sie nicht wollte, so wurde ihr im Ernste angedeutet, sich von Korinth weg zu machen. Indem sie aber nur einen Tag, sich zu ihrer Abreise anzuschicken, erhielt, so brachte sie durch ihre Künste Kreons Schloß in Brand, in welchem der König und Glauce umkamen, Jason aber sich noch genau rettete. Doch sich noch ferner an ihm zu rächen, brachte sie die mit ihm erzeugeten Kinder um, und machte sich endlich, mit ihren getreuesten Bedienten, von Korinth nach Theben, zu dem Herkules, welcher ihr auch noch alle Genugthuung versprach. Diod. Sic. l. c. c. 55. p. 179.

5 §. Familie. Seine eigentliche Gemahlinn war also Medea, die er aber zu seinem Unglücke, auf vorher bemeldete Art, verstieß. Er soll von einigen dazu insonderheit dadurch seyn angereizet worden, daß es ihm, einem so tapfern, schönen und berühmten Helden, unanständig gewesen, eine Ausländerinn, und zwar eine solche Zauberinn, zur Gemahlinn zu nehmen. Hygin. Fab. 25. Indessen hatte er doch mit ihr, nach einigen, den Mermerus und Pheres, Apollod. l. I. c. 9. §. 28. nach andern aber den Thessalus, Alcimene und Tisander gezeuget. Diod. Sic. l. IV. c. 55. p. 179. Vorher hatte er mit der Hypsipyle, der Königinn in der Insel Lemnus, den Euneus und Deipylus, Hygin. Fab. 15. Stat. Theb. VI. v. 342. oder für letztern, nach andern, den Thoas, Apollod. l. c. §. 17. oder auch Nebrophonus gezeuget. Nat. Com. l. VI. c. 8. Diesen fügen einige noch eine Tochter, Atalanta, bey, und nennen statt der schon angeführeten einen Philomelus und Apis.

6 §. Tod. Weil er auf einmal Frau, Kinder, Braut und Schwiegervater verloren, so soll er endlich aus Verzweifelung sich auch selbst umgebracht haben. Diod. Sic. l. IV. c. 56. p. 180. Andere wollen, Medea habe ihn beredet, noch einmal in dem Schiffe Argo zu schlafen, weil sie gewußt, daß solches über einander fallen werde. Da er nun solches gethan, so habe ihn das einfallende Schiff erschlagen. Staphyl. ap. Nat. Com. l. VI. c. 8. p. 589.

7 §. Verehrung. Seiner besondern Tapferkeit halber hatte er sowohl anderwärts, als zu Abdera, seinen besondern Tempel, worinnen er gar heilig verehret wurde. Nat. Com. l. VI. c. 8.


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